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To: Tropoljac
"Ich bin ein Pazifist in jeder Beziehung" Kinkel auf den Vorwurf, er wolle den Krieg auf dem Balkan.

Von Thomas Becker

Als Genscher im Dezember 1990 das abtrünnige Kroatien anerkannte und damit die Zerschlagung des nach dem 2. Weltkrieg entstandenen Jugoslawien veranlaßte, erntete er damit auch die Früchte einer jahrzehntelangen Wühlarbeit deutscher Geheimdienste. Kinkel, von 1979 bis 1982 Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), spielte eine Hauptrolle in diesem Untergrundkampf: Während Kinkel’s Amtszeit als BND-Präsident, so der langjährige Leiter des Auslandsnachrichtendienstes des jugoslawischen Außenministeriums, Duhacek, sei die "Teilung Jugoslawiens mit allen nachrichtendienstlichen Mitteln" vorangetrieben worden.

So wenig wie Deutschland mochte sich Kroatien mit der Niederlage und den politischen Gegebenheiten nach dem 2. Weltkrieg zufriedengeben. Während sich Deutschland auf die Wiedervereinigung einschwor, schrieben sich die kroatischen Nationalisten die Wiederzerschlagung Jugoslawiens auf ihre Schachbrettfahnen. Daß sie dabei alsbald Schützenhilfe aus Deutschland bekommen würden, war abzusehen, denn schon der 1941 geschaffene kroatische Staat war eine deutsche Schöpfung: Am 25. März 1941 verbündete sich Jugoslawien mit Deutschland. Als jedoch eine neue Regierung in Belgrad 2 Tage später diese Entscheidung widerrief, entschied Hitler, den Staat auszulöschen. Am 6. April marschierte die Wehrmacht ein, eroberte am 10. April Zagreb und schon eine Woche später gab es eine kroatische Regierung von Deutschlands Gnaden, an deren Spitze der Führer der klerikalfaschistischen Ustascha, Dr. Ante Pavelic stand. Der kroatische Satellit wurde zum treuesten und brutalsten Verbündeten Deutschlands bei der Judenvernichtung. Schon während der Phase der Konzentration der Juden in mehrere Zwischenlager, die zur Vorbereitung ihrer Deportation diente, wurde etwa die Hälfte durch Typhus, Hunger, Erschießen, Folter, Ertränken, Erstechen und Hammerschläge auf den Kopf vernichtet, die andere Hälte wurde in Auschwitz vergast. Beteiligt an der Judenvernichtung war auch die deutsche Wehrmacht: Bei der Ergreifung der Juden in Sarajevo am 26./27. Oktober 1941 beispielsweise wurden Teile der 718. Infanteriedivision zur Abriegelung der Stadt abkommandiert. Nur die Juden, die sich in die Italien zugeschlagenen oder von den Partisanen Tito’s, denen sie sich z.T. anschlossen, kontrollierten Gebiete retten konnten, waren in Sicherheit; am Ende hatte die deutsch/kroatische Vernichtungsmaschine die vor dem Krieg etwa 30000 in Jugoslawien lebenden Juden um 2 Drittel dezimiert. Weitaus größer noch war die Zahl der serbischen Opfer: 600000 Serben wurden im Zuge "ethischer Säuberungen" bestialisch abgeschlachtet.

1950 schickte die Organisation Gehlen (OG), 1945 aus der Generalstabsabteilung "Fremde Heere Ost" hervorgegangen und Vorläuferin des 1955 per Kabinettsbeschluß als Bundesbehörde installierten BND, ihren ersten Agenten nach Belgrad, der dort bereits zahlreiche Spione anführte. Dieser, als Geschäftsmann Dr. Weber getarnte Agent, der in Wirklichkeit Andreas Zitzelberger hieß, war während des 2. Weltkrieges Hauptmann der Abwehr und in Slowenien damit betraut, rückwärtige Funkspionagestationen aufzubauen.

Als man in Deutschland 1962 Wind von den sich zuspitzenden Nationalitätenkonflikten in Jugoslawien bekam, verstärkte der BND seine dortige Präsenz und nahm Verbindungen zu den Exilorganisationen der Ustascha auf. Ende der 60er Jahre wurde der jugoslawische Geheimdienst (UDBA) nach nationalen Kriterien zergliedert und Schlüsselfigur in Kroatien wurde der Nationalist Krajacic, dessen politisches Ziel ein unabhängiges Kroatien in den Grenzen von 1941 war. Krajacic begann sofort damit, serbische und projugoslawische Elemente aus seiner Organisation zu entfernen. Als 1970 die von der kroatischen UDBA mitinitiierte nationalistische Massenbewegung (MASPOK), der "kroatische Frühling", ausbrach, reagierte der BND mit aktiven Maßnahmen, um Jugoslawien zu destabilisieren. Als diese Massenbewegung jedoch aufgrund unzureichender Unterstützung aus dem In- und Ausland scheiterte, entschloß man sich, auf Tito’s Tot zu warten und währenddessen die politische Basis für ein späteres Zuschlagen vorzubereiten.

Der wichtigste BND-Kontaktmann wurde der Agent Dörner. Er begann damit, in Kroatien, Deutschland und Österreich Geheimtreffen zwischen den kroatischen Nationalisten und den Ustascha-Exilanten zu organisieren und Kontakte zur MASPOK herzustellen. Zu seinen Spitzenkontakten zählte Busic, der sich in den 70er Jahren als Agitator großkroatischer Ideen einen Namen machte, die Aussöhnung aller kroaqtisch Gesinnten (kroatische Volksgemeinschaft) propagierte, sehr gute Verbindungen zur Ustascha unterhielt und als ideologischer Schöpfer des heutigen Kroatien gilt. Dessen nachrichtendienstlichen Operationen wurden durch Bauer, Oberst des kroatischen Geheimdienstes während des 2. Weltkrieges, und Jelic, ein in Berlin lebender Ustascha-Führer, koordiniert. Mit dabei waren bereits einige der Führer der Sezessionsbewegung von 1990. Gegen Ende der 70er Jahre demonstrierte die klerikalfaschistische Bewegung in Kroatien ihre Stärke durch das offene Tragen der Ustascha-Fahne: "Es gab kaum jemanden in Zagreb", so Schmidt-Eenboom, "der nicht das alte Wappen trug". Nachdem Busic 1979 in Paris ermordet wurde, trat Tudjman seine Nachfolge an.

Am 1. Januar 1979 wurde Kinkel Präsident des BND. Der Hauptakteur in Jugoslawien blieb Dörner. In den 70er und 80er Jahren hatte der BND, nach Erkenntnissen der jugoslawischen Spionageabwehr, etwa 100 Agenten in Jugoslawien. Unmittelbar vor Titos Tod am 5. Mai 1980 wurden laut Duhacek in Zagreb alle Entscheidungen in strategischen und personellen Fragen zwischen dem Krajacic-Kreis, den BND-Leuten in Kroatien und den nach Kroatien illegal zurückgekehrten Ustascha-Führern abgestimmt. Als Tudjman 1981 zum 2. mal im Gefängnis saß, besuchte ihn BND-Agent Dörner; zurück in Deutschland gewann er einige Journalisten und die FAZ für eine Medienkampagne zugunsten Tudjmans. Der BND knüpfte auch Kontakte zu national gesinnten Journalisten in Kroatien und gewann so in den 80er Jahren u.a. den 1991 zum Vorsitzenden des Journalistenverbandes Kroatiens gewählten damaligen Direktor des Privrendi Vjesnik, Gavranovic.

Bereits 1981 fanden in Rom Konsultationen zwischen Deutschland, Österreich und Italien statt, um sich gemeinsam auf den anvisierten Zerfall Jugoslawiens vorzubereiten. Bundespräsident Weizsäcker versicherte 1982 einem Besucher in Bonn - unter 4 Augen, denn die offizielle deutsche Politik trat noch für den Erhalt Gesamtjugoslawiens ein -, daß er die Forderung nach einem unabhängigen Kroatien unterstütze. Kinkel unterschrieb persönlich eine Lageeinschätzung seines Agenten Dörner, der kommende Unruhen und Sezessionskriege voraussah, in deren Folge er 250 000 nach Deutschland drängende Flüchtlinge erwartete. Ein ehemaliger BND-Beamter bestätigte 1994, daß seit Mitte der 80er Jahre in wachsendem Umfang Verbindungsoffiziere des BND die Einreise nach Jugoslawien wagten, wobei es u.a. um die "Augenaufklärung" verteidigungswichtiger Objekte gegangen sein soll. Auch die katholische Kirche Kroatiens, die deshalb unter Beobachtung des jugoslawischen Geheimdienstes stand, war an illegalen Einschleusungsaktivitäten beteiligt - so gelangten im Oktober 1984 8 BND-Agenten in einer Wallfahrtsgruppe nach Jugoslawien. Verstärkt gelangten Leute aus der Krajacic/Manolic/Tudjman Truppe in politische und militärische Führungspositionen: Mustac war von 1984 bis 1991 operativer Einsatzleiter der Bundes-UDBA; in der Bundesluftwaffe und somit in der militärischen Aufklärungs- und Abschirmzentrale saßen General Tus und einige hohe kroatische Sicherheitsoffiziere; Vrhovec war Bundesaußenminister, Ende der 80er Jahre folgte ihm Loncar usw.

Nach der Unabhängigkeit Kroatiens 1990 wurde Deutschland sein wichtigster Waffenlieferant. Diese Waffen, so Schmidt-Eenboom, wären "unter den Bedingungen eines UNO-Embargos ohne die geheimdienstliche Unterstützung durch den BND nicht ins Land gelangt...Ob es sich um Waffen der ehemaligen NVA, von MBB entwickelte Panzerabwehrwaffen des Typs Armbrust aus Singapur, Schellfeuerwaffen von Heckler & Koch, um die "Abrüstungsmasse" der christlichen Milizen im Libanon oder um die Einschaltung des internationalen Waffenhändlers Karl-Heinz Schulze aus dem belgischen Boom durch einen deutschen Konsul handelt - der Bundesnachrichtendienst hat, was Kroatien betrifft, den größten Anteil an der Aushöhlung der Beschlüsse der Vereinten Nationen". Die meisten Waffen für Kroatien, analysierte The Bulletin of the Atomic Scientists 1994, stammen aus NVA-Depots.

Nachdem der BND die vollständige Kontrolle über die neuen Geheimdienste Kroatiens gewonnen hatte, verlangte er eine Säuberung. Dazu Duhacek im März 1994: "Der BND hat sich dem kroatischen Nachrichtendienst gegenüber so benommen, als wäre dieser ein Sektor des BND, eine Gebietsabteilung...Die Deutschen führen eine endgültige Ausschaltung ehemaliger Partisanenkader durch, außer Tudjman. Für ihn haben sie zur Zeit noch keine Alternative. Das Vorgehen des BND ist eindeutig: Er stellt Mesic kalt. Warum? Weil Stipe Mesic aus einer Partisanenfamilie stammt. Joza Manolic ist Träger des Partisanenordens ‘Kämpfer des ersten Tages’, genauso wie sein Freund Josip Boljkovac. Der BND hat zu diesen Leuten kein Vertrauen, weil sie ja 4 Jahre lang gegen die Deutschen gekämpft haben". Die britische Fachzeitschrift Jane’s Intelligence Review im September 1994: "Was die Art der Hilfe anbelangt, die Deutschland Kroatiens Geheimdiensten angedeihen läßt, ist die Schulung der Kader die wichtigste Fördermaßnahme...Die wichtigste geheimdienstliche Verbindung in Kroatien ist darauf aus, seine Dienste zu zersplittern und letztendlich zu zerstören". Teile und herrsche - dieser Maxime folgt heute auch wieder die offizielle deutsche Außenpolitik.

Dieser Artikel ist im Juni 1995 in der jungen Welt erschienen

Quellen: Erich Schmidt-Eenboom, Der Schattenkrieger, Klaus Kinkel und der BND, Düsseldorf, ECON, 1995 Raul Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Frankfurt/M, Fischer Taschenbuch Verlag, 1990.

www.realization.info

38 posted on 06/08/2002 8:18:59 AM PDT by DestroyEraseImprove
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To: *Balkans
bump
40 posted on 06/08/2002 8:34:09 AM PDT by DestroyEraseImprove
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To: DestroyEraseImprove
yes I read your posts, quite interesting.....
42 posted on 06/10/2002 4:08:02 AM PDT by vooch
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